Als Fußballfan hat man es heutzutage ja nicht leicht. Also ich für meinen Teil kann Fußballspiele - egal ob auf der Couch, im Stadion oder am Sportplatz - nur noch mit extrem gemischten Gefühlen schauen. Und das nervt mich.

Nehmen wir zum Beispiel mal Neymar, diesen netten Brasilianer von Paris Saint Germain. Jedes Mal, wenn ich diesem tätowierten Ballakrobaten zuschaue, weiß ich nie genau, ob ich jubeln soll, da das, was dieser Kerl mit der Kugel anstellt schon beeindruckend ist oder ob ich mich eher übergeben sollte, weil dieser Typ 220 Millionen Euro Ablöse gekostet hat. Mit diesem Betrag könnte man sogar die Stadt Idar-Oberstein entschulden und noch so ein paar andere Dinge angehen, die etwas sinnvoller sind.

Das Problem an der Sache ist, dass diese Ablösesumme ja nur der Gipfel ist. Wenn ich am Wochenende Bundesliga schauen möchte, brauche ich mittlerweile gefühlt fünf verschiedene Abos. Etwas am Wochenende vornehmen sollte ich mir als Fußballfan ohnehin nicht, da mich das Großunternehmen, das früher mal die Bundesliga war, als willigen Kunden natürlich zu sechs verschiedenen Anstoßzeiten vor die Glotze schleift. Über Stadionbesuche brauchen wir gar nicht erst sprechen. Ein Sitzplatz in der letzten Ecke, zwei Bier und eine Stadionwurst und schon droht die Privatinsolvenz.

Wie entkomme ich also diesem Wahnsinn als Fußballfan, der auf seine wöchentliche Dosis Das-Runde-ins-Eckige nicht verzichten will? Amateurfußball wäre die logische Antwort. Aber auch das ist nicht so einfach. Auch in niedrigen Klassen spielt Geld eine Rolle. Spieler kommen teilweise von Sonst-Wo aufs Dorf - auch in niedrigen Spielklassen. Und genau deswegen bin ich aktuell dem TuS Mörschied sehr dankbar. Für uns Romantiker ist Fußball doch das Spiel von elf Freunden, die gemeinsam 90 Minuten lang um drei Punkte kämpfen. Dieser Spirit findet sich allerdings auch im Amateurfußball immer seltener.

Nach einem 3:1-Erfolg beim SV Türkgücü Ippesheim haben die Mörschieder am 9. Spieltag der Bezirksliga Nahe die Tabellenführung verteidigt. Mit einer Mannschaft, für die die einzige Prämie eine Kiste Kirner Lange ist. Mit einer Truppe, die nach jedem Training und Spiel zusammen Zeit verbringt. Also mit genau dem, was für mich den Sport Fußball im Allgemeinen und den Amateurfußball im Speziellen ausmacht. Das ist in der Bezirksliga bestimmt kein Einzelfall, aber sicherlich auch nicht Normalität.

Klar: Der TuS Mörschied ist nicht das einzige Beispiel und der Amateurfußball ist längst noch nicht zum Kommerz-Gekicke verkommen. Aber in Zeiten wie diesen hat ein solcher Verein an der Spitze der Bezirksliga - zumindest aus meiner Sicht - auch mal ein Dankeschön verdient. Ein Verein, der so Erfolg haben kann, lässt mich noch an das Gute in diesem Sport glauben. Klingt pathetisch - ist in der aktuellen Situation dieses Sports allerdings eine Wohltat.

 

Jan Schüßler